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Getrennte Wege

    Eigentlich könnte Alyssa mit Jasper hier sein. Neben den anderen Paaren würden sie auf der Tanzfläche herumwirbeln, in einer Verschnaufpause auf den gepolsterten Bänken am Rande des Tanzsaals an Gläsern Wein nippen.

 

   „Wir haben die Ansprache von König Tarquin verpasst“, riss ihr Vater sie seufzend aus ihren Tagträumen. Sein finsterer Blick traf ihre Schwester Emilie, die zum dritten Mal an diesem Abend ihre hochgesteckte Frisur abtastete.

   „Du siehst immer noch umwerfend aus, Täubchen“, lächelte ihre Mutter.

  „Nimm dir ein Beispiel an deiner Schwester, Alyssa. Mit dieser gebückten Haltung wird dich keiner der Edelmänner zum Tanzen auffordern“, wies ihr Vater Alyssa zurecht.

 

    Als ob ich das möchte, dachte sie. Doch sie nickte, strich ihr rosafarbenes Kleid glatt und straffte die Schultern.

   „Viel besser.“ Wie erhofft erhellte sich die grimmige Miene ihres Vaters.

   Zwei rothaarige Dienerinnen traten zu ihnen und verneigten sich vor ihm. „Ignis zum Gruße, General Ratsavong. König Tarquin erwartet Euch bereits. Wir haben den Befehl, Euch zu ihm zu führen.“ Ihre Augen erfassten die Schärpe an der Uniform von Alyssas Vater, als gingen sie sicher, tatsächlich den General vor sich zu haben.

  „Behalte bis zu meiner Rückkehr das Geschehen hier im Auge, Rekrutin Ratsavong“, wandte der General sich an Alyssa. In diesem Moment wünschte sie sich, sie wäre tatsächlich als Wachsoldatin zum Fest gerufen worden und nicht als Gast, als die Tochter des Generals, der gerade scherzhaft salutierte. Sie rang sich ein Lächeln ab und Arm in Arm mit ihrer Mutter folgte er den zwei Dienerinnen. Der tiefrote Umhang seiner Uniform bewegte sich bei jedem humpelnden Schritt, den er mit seinem Gehstock bewältigte. Kaum war er durch den Durchgang am anderen Ende des Saals verschwunden, ließ Alyssa ihre Schultern wieder sinken.

 

   „Ich hoffe, der Hübsche dort hinten fordert mich zum Tanzen auf.“ Aus den Augenwinkeln bemerkte sie, wie ihre Schwester neben ihr auf jemanden zeigte. Als sie nicht reagierte, seufzte Emilie. „Jetzt vergiss doch Jasper für einen Moment. Du brauchst etwas Ablenkung. Ich verschaffe dir einen Tanzpartner, ja?“, sprach ihre Schwester weiter. „Was sagst du zu dem Schönling?“ Wieder zeigte sie auf jemanden, diesmal auf einen Vorbeigehenden. Alyssa starrte weiterhin auf den Holzboden, dessen Knarren sie unter den Klaviertönen leise heraushören konnte.

 

    „Auch nicht, hm? Du machst es einem oft nicht leicht.“

Ich würde gerne allein sein, Emilie. Doch bevor Alyssa ihre Bitte aussprechen konnte, ergriff Emilie wieder das Wort. „Ich glaube, ich habe den perfekten Tanzpartner für dich gefunden. Er sieht sogar aus wie Jasper.“

   Jetzt hob Alyssa den Kopf und folgte Emilies Zeigefinger. Ein heißer Blitz durchzuckte ihren Körper. Schulterlanges Haar in einem Schokobraun, eine muskulöse Statur unter dem dunklen Anzug. Fast hätte Alyssa geglaubt, tatsächlich Jasper auf der gepolsterten Bank sitzen zu sehen. Aber Jasper war kein Weintrinker und sein Blick würde auch nicht so unruhig durch den Saal schweifen. Er würde ebenso wenig einen Ball auf dem quellsteiner Schloss besuchen, schon gar nicht in einem Anzug, sondern in seiner Militäruniform. Sein Herz gehörte einzig und allein seiner Nation Firnien.

 

   Alyssa nahm einen tiefen Atemzug. Ohne ein weiteres Wort eilte sie mit gerafftem Kleid durch den Raum und ließ Emilie einfach stehen.

  Sie schlüpfte durch die erstbeste Tür. Der dahinterliegende Raum war nur mit einem Kamin, zwei Sesseln und ein paar großen Statuen ausgestattet. Eine leise Brise wehte durch ein offenes Bogenfenster herein. Alyssa zog die dünne Strickjacke enger um sich. In dem Kamin brannte kein Feuer, nicht mal Aschehäufchen lagen darin. Womöglich war dieser Raum einer von den vielen überflüssigen Zimmern, die im Schloss kaum genutzt wurden.

   Hinter ihr schloss Alyssa die Tür. Sofort verklangen die Festgeräusche. Sie ließ die angenehme Stille auf sich wirken, lauschte dem Rauschen in ihren Ohren, ehe sie ein paar Schritte in den Raum machte. Abrupt blieb sie stehen. Bis eben hatten ihr die ausgebreiteten Flügeln einer Phönixstatue die Sicht auf den rechten Sessel blockiert. Jetzt erkannte sie, dass offenbar jemand den gleichen Gedanken wie sie gehegt hatte.

 

   Und nicht irgendjemand. Der junge Mann, der sich aus eben aus dem Sessel erhob und sich ihr zuwandte, war niemand anderer als der jüngere Prinz von Quellstein.

  Bisher hatte Alyssa ihn stets nur flüchtig im Vorbeigehen oder von weitem gesehen. Aus nächster Nähe bemerkte sie, dass sie ihn mit ihren Absätzen überragte. Ein wenig beschämt, weil sie auf ihn herabblicken musste, versank sie in einen höflichen Knicks. „Aeria zum Gruße.“

 

  „Du musst das nicht tun“, wehrte Prinz Finn ab. „Diese Etiketten sind albern.“

   Alyssa richtete sich auf und strich ihr Seidenkleid glatt. „Entschuldigt die Störung, Prinz Finn. Kann ich etwas für Euch tun? Soll ich Eurer Verlobten Bescheid geben, dass Ihr hier seid?“ Dieser Ball wurde zu Ehren des zukünftigen Paares abgehalten, deswegen wunderte sie sich, was der Prinz so ganz allein hier in diesem kalten Raum zu suchen hatte. Aber eigentlich ging sie das nichts an.

 

   „Nein. Ich brauche einen Augenblick Ruhe.“

   „Soll ich für ein Feuer sorgen? Ihr sitzt hier in der Kälte.“

Sein Jackett mit den Goldverzierungen sah dünn aus. Auf der Brust glänzte eine goldene Brosche. Sie stellte den Kopf eines Brandtigers dar, der das Maul weit aufriss. Das Familienwappen der van Alvar.

„Du bist nicht meine Dienerin, sondern mein Gast. Warum setzt du dich nicht zu mir?“ Seine behandschuhte Hand zeigte einladend auf die beiden Sesseln.

 

   Alyssa nickte und wartete, bis der Prinz Platz genommen hatte, erst dann setzte sie sich ihm gegenüber. Die Hände im Schoß gefaltet, blickte sie ihn stumm an, in der Erwartung, der Prinz würde das Gespräch beginnen. Das Königshaus spricht immer zuerst. Eine Anweisung, die der General, ihr Vater, ihnen bei jeder Trainingseinheit eintrichterte.

 

    „Ich bitte dich übrigens, mich zu duzen. Immerhin sind wir fast gleich alt.“ Ohne dem hereinfallenden Licht des hellen Vollmondes, das von der silbernen Tiara auf den fein gescheitelten Haaren des Prinzen reflektiert wurde, wäre es in diesem Raum stockdunkel. Ein Prinz in Weiß, dachte Alyssa. Er strahlte eine lockere Unbefangenheit aus, die die Kälte des Raumes in den Schatten verdrängte. Ähnlich wie Jasper. Mit Prinz Finn würde ich tanzen, wenn er mich auffordert. Aber das würde nicht geschehen. Er war mit der Prinzessin aus dem Nachbarreich Firnien verlobt und außerdem legte das Königshaus großen Wert auf Standesunterschiede. Als die Tochter eines Generals war Alyssa immer noch von einem zu niederen Stand, als dass Prinz Finn mit ihr tanzen dürfte.

 

   „Wie ist dein Name?“ Die großen Augen des Prinzen sahen sie freundlich an.

     „Alyssa Ratsavong.“

    „Ratsavong“, wiederholte er nachdenklich. Es gab nicht viele Familien mit diesem Namen in Quellstein, wahrscheinlich zog er gerade die Verbindung von ihr zum General. Jedoch fragte er nicht weiter nach. „Wie gefällt dir der Ball bisher, Alyssa?“

    „Eure... deine Diener haben keine Mühen gescheut“, antwortete sie.

    „Und dennoch sagst du es mit einer solch ausdruckslosen Miene.“

   Eine Angewohnheit von ihr, durch die sie sich normalerweise vor den Provokationen ihrer Militärkollegen schützte, doch jetzt enttarnte sie ihre Lüge. Alyssa setzte zu einer Entschuldigung an, aber Prinz Finn lächelte. „Geht mir ganz genauso. Scheußliches Fest.“

 

    Ehrlich und geradeheraus. Wie Jasper.

 „Obwohl wir mit Freuden deine Verlobung mit Prinzessin Theresa feiern?“

  „Von Freuden kann hier keine Rede sein.“ Der Prinz schnaubte. Seine raue Art überraschte Alyssa. Sie hatte von dem Königshaus van Alvar eigentlich einen höflichen Eindruck gewonnen. Aber vielleicht war diese Höflichkeit nur aufgesetzt, die Harmonie unter den Familienmitgliedern nur vorgespielt. Wenn dem so war, erstaunte es eigentlich nicht weiter, dass Prinz Finn nun seinem Ärger Luft machte. „Deine Freude hält sich auch in Grenzen. Du wirkst eher, als hättest du lieber daheim bleiben wollen.“

 

   Alyssa hielt seinem freundlichen Blick nicht mehr stand und starrte auf ihre Hände. Sie waren schwielig und die Fingernägel von dem Schwerttraining abgebrochen. „Das stimmt nicht.“

   „Mach mir doch nichts vor. Ich kenne diesen leidigen Blick, mit dem du hereingekommen bist, von mir selbst. Ihr seid auch nicht im Guten auseinander gegangen.“

   „Auch? Aber das hier ist doch euer Verlobungsfest.“

  „Eine Zwangsehe ist das. Kein normaler Mensch in meinem Alter hat Interesse an einer Vierzehnjährigen. Theresa ist fast noch ein Kind. Nein, ich spreche von meiner verflossenen Liebschaft.“ Prinz Finn beugte sich hinab und griff nach etwas, das im Dunkeln neben der Sessellehne am Boden stand. Ein Glas Wein, von dem er einen tiefen Schluck nahm. Erst jetzt fielen Alyssa seine glasigen Augen auf. Er hatte zu viel getrunken. Das erklärte, warum er einer Rekrutin so private Einblicke in sein Leben gewährte.

 

  „Deine verflossene Liebschaft? Ist etwa an diesen Gerüchten etwas dran?“, fragte Alyssa vorsichtig.

   „Ich würde sagen, ja.“

  Seit ein paar Monaten munkelte man in der Stadt, Prinz Finn habe eine heimliche Liebschaft. Es handelte sich um jemanden von außerhalb Quellsteins, wahrscheinlich vom weit entfernten Starrland, den Finn während seiner Internatsaufenthalte in der Magieschule getroffen hatte. Dennoch solle er kein Magier sein, sondern der Sohn eines Bauern und das war der eigentliche Skandal: Der Prinz ließ sich auf einen Magielosen von niederem Stand ein. „Ist die Verlobung mit Prinzessin Theresa der Grund für die Trennung?“

 

   „Eher die Tatsache, dass es für uns beide keine gemeinsame Zukunft gibt. Wir leben in unterschiedlichen Welten. Ich soll Theresas Gemahl werden, damit ich später an ihrer Seite Firnien regieren kann. Ähnlich wie ich in Zukunft ein Königreich übernehmen soll, erbt Nate den Bauernhof seines Vaters und führt ihn weiter. Mit dem Unterschied, dass Nate das auch will.“ Prinz Finn trank das Glas in einem Zug leer und stellte es neben seinen weißen Lackschuhen auf den Boden. „Einem Königshaus anzugehören, bedeutet Zwang. Die Bestimmung über das eigene Leben wird vorgegeben und richtet sich nach dem Wind der Politik. Selbst die Zeit bis zum Lebensziel darf ich mir nicht aussuchen. Bis ich Firnien regiere, soll ich vorerst hier in Quellstein bleiben und die Heilereinheit der Armee anführen, sobald ich die Magieschule abgeschlossen habe.“ Er nahm die silberne Tiara ab und massierte seine Schläfen. Jetzt hatte Alyssa nicht mehr Jasper vor Augen, wenn sie den schmächtigen Prinzen ansah, der nun zusammengesunken im Sessel saß. Jasper war mutig und ließ sich von nichts unterkriegen. Mit seiner direkten Art hatte er jedes Mal klar kommuniziert, wenn ihm etwas nicht gepasst hatte. Keine guten Eigenschaften für einen Soldaten, der jedem Befehl gehorchen sollte, aber genau deswegen hatte Alyssa ihn bewundert.

 

  „Man muss kein Prinz sein, um von Zwängen umgeben zu sein“, murmelte sie. „Mein Vater möchte, dass ich in seine Fußstapfen trete.“

  „Ist General Ratsavong etwa dein Vater?“ Sein Blick glitt über ihr rosafarbenes Kleid, durch das sie mehr einer Adeligen als einer Kämpferin ähnelte.

   Sie nickte.

   „Bist du nicht gerne beim Militär?“

    „Nein.“ Zum ersten Mal beantwortete sie diese Frage ehrlich.

  „Eltern und ihre Erwartungen an uns“, murmelte Prinz Finn. Das Weinglas gab ein schabendes Geräusch von sich, als er es mit den Schuhen über den Holzboden schob. „Heute Nacht beugen wir uns keinen Normen. Diese Nacht gehört uns, sage ich. Hier, in diesem Raum.“ Er hob das Glas hoch und drehte es zwischen den Fingern. Seine glasigen Augen blickten Alyssa durch das trübe Trinkgefäß an. „Was meinst du?“

   Sie nickte. Hier in diesem dunklen kalten Raum auf das Ende des Festes zu warten, war besser, als sich mit einer aufgesetzten Fröhlichkeit unter die Gäste zu mischen.

 

   „Dann beschaffe ich uns etwas Nachschub. Ich bin gleich zurück.“

 Eine Viertelstunde verstrich. Alyssa dachte schon, der Prinz wäre aufgehalten worden, als er wieder den Raum betrat. In den Händen hielt er zwei Weinflaschen, zwischen den Fingern hatte er den Stiel eines Weinglases geklemmt.

 

   „Hat denn niemand etwas zu dem vielen Alkohol gesagt?“, fragte Alyssa.

     „Manchmal muss man die Menschen blöd reden lassen.“ Er schob die Tiara zur Seite, die er auf dem Sessel zurückgelassen hatte, und ließ sich in die Polster nieder. Mit einer ruppigen Handbewegung entkorkte er die erste Weinflasche und befüllte die Gläser. „Nate hat diesen Wein gern getrunken.“ Eine Bitterkeit schwang in seiner Stimme mit, die sich sogleich wieder legte. „Warum bist du nicht gern beim Militär?“

 

   Alyssa nahm das Weinglas, das er ihr entgegen streckte. „Mein Vater erzählt ständig von seinem ersten Auftrag, bei dem er sich die Narbe auf seiner Wange zugezogen hat. Sein schlechtes Bein ist auf seinen letzten Einsatz zurückzuführen. In diesen Zusammenhängen mahnt er mich jedes Mal zur Vorsicht, denn wer nimmt sich schon eine entstellte Soldatin zur Frau?“ Der Wein war mit Holunder versüßt, aber brannte im Abgang in ihrer Kehle.

    „Darüber würde ich mir keine Sorgen machen. Mit oder ohne Narben, du bist hübsch. Du unterschätzt, wie viele Männer drauf stehen.“

     „Du auch?“

    „In der Tat habe ich in unserer Armee ein paar Augenweiden entdeckt. Aber abgesehen davon, dass mir momentan ohnehin nicht nach intimen Angelegenheiten ist, sind gerade die Gutaussehenden die größten Idioten in der Armee.“ Mit nur einem Schluck trank er sein Glas fast bis zur Hälfte leer.

 

     Alyssa nickte nur. Unter den Rekruten hatten besonders die Feuermagier sie auf dem Kerbholz. Bei jeder Gelegenheit rieben sie ihr unter die Nase, dass man sie beim Militär nur aufgenommen hatte, weil ihr Vater es anführte.

   „Dann sollten wir uns lieber von woanders jemanden angeln. Wie wäre es von einem ausländischen Militär? Das hätte einen doppelten Reiz. Jemand von außerhalb, der Quellstein vielleicht auch noch feindlich gesinnt ist.“ Der Prinz lachte.

 

   „Jasper gehört dem firnier Militär an. Also nein, die Firnier fallen weg“, entgegnete Alyssa.

   „Jasper?“

   „Mein Exfreund.“

   „Die Firnier sind Patrioten, aber uns nicht feindlich gesinnt.“ Prinz Finn nickte. „Wie wäre es mit einem Dämonenjäger? Die sind uns Quellsteinern zwar nicht feindlich gesinnt, aber die stehen auf Narben. Nur wenn man sich auf Dämonenjagden eine zugefügt hat, ist man ein vollwertiger Dämonenjäger.“ Prinz Finn trank das Glas aus und füllte es sogleich wieder auf.

 

   „Das klingt schon wieder überheblich. Wieso muss es überhaupt ein Kämpfer sein? Da besteht die Möglichkeit, dass man seinen Liebsten in einem Kampf verliert.“ Der Wein in ihrem Glas verschwand nur langsam. Obwohl sie es gerade bis zur Hälfte geschafft hatte, spürte sie, wie sich ihre Gedanken vernebelten. In Quellstein gab es fast nur starken Alkohol, deswegen wunderte sie sich, wie der Prinz in so kurzer Zeit so viel davon trinken konnte.

   „Dann müssen wir nach jemanden Ausschau halten, der jeden seiner Gegner übertrifft.“ Wenn man darauf achtete, merkte man, dass ihm das Sprechen mittlerweile schwerfiel.

 

   „So jemanden gibt es nicht“, meinte Alyssa.

   „Selbst wenn, du hast es lieber friedlich.“ Er lächelte. Seine Zähne waren so strahlend weiß wie seine Kleidung.

   „Ich hätte lieber jemanden wie deinen Nate.“ Erst nachdem Alyssa die Worte ausgesprochen hatte, wurde sie sich ihrer Bedeutung bewusst. Sie wollte den Prinzen nicht an diese Trennung erinnern. Sie stellte ihr Glas auf den Boden ab. Das war genug Wein.

 

   Sein Lächeln verschwand und er erhob sich. Die Schritte unterbrachen die eingetretene Stille, als er leicht wankend auf das offene Fenster zuschritt. „Einen Bauerssohn?“, sagte er schließlich.

   „Niemanden mit einer ausgefallenen Lebensweise.“

  „Bauern können auch durch Arbeitsunfälle sterben, insbesondere in Starrland, wo sie mit ihrer Agrartechnik viel weiter sind als hier.“ Als er sich zu ihr umwandte, lächelte er wieder. „Es braucht also keine ausgefallene Lebensweise. Würdest du mich auf einen Spaziergang begleiten? Außen neben dem Fenster ist eine Feuerleiter. Über sie können wir uns nach draußen stehlen. Niemand patrouilliert dort.“

 

    Alyssa trat neben ihn ans Fenster. Mindestens zehn Meter ging es dort in die Tiefe. „Hältst du das wirklich für eine gute Idee? Du könntest fallen.“ Er wird ziemlich sicher fallen, bei dem vielen Wein, den er getrunken hat.

   „Dann federst du mich mit deiner Magie ab. So etwas kannst du doch“, sagte er lächelnd, mit einem bedeutungsvollen Blick auf ihr silbernes Haar, als müsste er sie erinnern, dass sie eine Luftmagierin war.

 

   „Schon“, erwiderte sie zögernd.

  „Siehst du. Hab mehr Vertrauen in dich. Ich habe es ja auch.“ Erneut blitzte sein Lächeln auf, dann stieg er über das Fensterbrett hinweg. Alyssa atmete tief durch und folgte ihm.